Die Überschrift „Sommer“ findet sich in der Handschrift Rudolf Steiners sowohl über dem 14. als auch über dem 18. Wochenspruch.
Der 18. Spruch war dort (siehe Foto am Ende des Beitrags) allerdings zunächst von Rudolf Steiner mit „Vierzehnte Woche“ überschrieben worden und trug auch das Datum der Woche „7. Juli – 13. Juli“. Dann aber wurden die Silbe „Vier“ und das Datum durchgestrichen und (von der Reihenfolge der Sprüche her zutreffend) durch „Acht“ und die Woche „4. August – 10. August“ ersetzt.
Ob die Überschrift „Sommer“ zunächst versehentlich eingesetzt wurde, weil Rudolf Steiner annahm, dass er den Spruch für die vierzehnte Woche niederschrieb? Und ob nach der Korrektur der Wochenbezeichnung versehentlich die Streichung der Überschrift unterblieb?
Kaspar Appenzeller führt in seinem herausragenden Buch „Der anthroposophische Seelenkalender im Lichte der Menschheitsentwicklung“ (Basel 1999, zur Zeit beim Zbinden-Verlag vergriffen, im Buchhandel noch gelegentlich erhältlich) zu dieser Dopplung das Folgende aus:
Die Bezeichnung „Sommer“ erfolgt in der Handschrift zuerst dort, wo der Kalender dies vorschreibt, bei Spruch 14; dann aber findet man vier Wochen später nocheinmal die Überschrift „Sommer“; diesmal in verstärkter Schrift und verstärkter Unterstreichung und mit Punkt. Hier wird die Seele eingeführt in die Dynamik des Sommergeschehens, wo sie bei Spruch 18 spüren lernen soll, daß sie hier eine große, eine gewaltige Aufgabe zu übernehmen hat. Hier nämlich hat sie sich mit den geistigen Kräften der Sonne zu verbinden, um später aus ihnen die dunkle und kalte Jahreszeit zu erhellen und zu durchwärmen. Ist sie dazu bereit, so fühlt sie, daß das Licht sie innerlich erhellt, daß es sie reicher werden läßt und sie es hinaustragen kann, wenn es draußen dunkel wird. Dabei aber beginnt sie zu ahnen, daß dies noch nicht alles ist, was sie zu leisten hat, wenn sie diesen Weg in seiner ganzen Tiefe gehen will. Es muß das Weltenlicht ihr ganz zueigen werden, und immer bewußter beginnt sie alsdann zu streben nach dem Mysterium der Menschwerdung des Sonnengeistes in ihr selbst. Damit erfüllt sie die Aufgabe, welche der einzelne Mensch für die Menschheit, für die Natur und für die Welt zu übernehmen hat, wenn er solches ahnt und erkennen lernt und dazu den Willen hat.“
Kaspar Appenzeller, Der anthroposophische Seelenkalender im Lichte der Menschheitsentwicklung, Basel 1999, Seite 380 f.
Es lohnt sich also sehr, die Handschrift immer wieder zum Vergleich heranzuziehen. Die gängigen Seelenkalender-Ausgaben verzichten nicht nur darauf, die Bezeichnung „Sommer“ über Spruch 18 abzudrucken (wohl aber über Spruch 14). Sie weisen auf diese Diskrepanz zur Handschrift noch nicht einmal hin.
Nachtrag: Es ist jetzt eine Ausgabe des Seelenkalenders erschienen, in der auch die Handschrift wiedergegeben ist. Diese Ausgabe wird in diesem Beitrag kurz vorgestellt.
(Beitrag ergänzt am 25. November 2020)