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Über den Seelenkalender

Von der Neuschaffung der Welt in den Seelen in Spruch 33

Eine Anmerkung zu Spruch 33

In der Handschrift des Seelenkalenders,soweit im Abdruck in den Beiträgen zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe (Nr. 37/38, Frühjahr/Sommer 1972, Quellennachweis hier) erkennbar, lautet die fünfte Zeile von Spruch 33:

In Seelen sich vom neuen schaffend

während die Stelle in den gängigen Seelenkalender-Ausgaben mit den Worten

In Seelen sich von neuem schaffend

wiedergegeben wird. Eine Begründung für diese Veränderung wurde dort nicht angegeben. Lediglich die hier besprochene Seelenkalender-Ausgabe folgt der Handschrift.

Handelt es sich vielleicht um einen Schreibfehler Rudolf Steiners? Müsste nicht ansonsten das Wort „Neuen“ großgeschrieben werden?

Ausgehend von der Handschrift könnte man folgende Frage formulieren: Was könnte denn dieses Neue sein, von dem aus eine Neuschaffung der Welt in den Seelen vor sich gehen könnte? Ein Ereignis – eine Person?

Kaspar Appenzeller weist in seinem Seelenkalender-Buch (Der anthroposophische Seelenkalender im Lichte der Menschheitsentwicklung, Basel 1999) darauf hin, dass Spruch 33 „die Seele zu dem Tod am Kreuz“ (S. 127) führt – zu dem Golgatha-Ereignis, das im 33. Lebensjahr des Jesus Christus stattfand. Tatsächlich würde die Erde ohne diese Opfertat in sich nur den Tod finden.

Es ist unmöglich, die Tiefe der Ausführungen Appenzellers hier in Kürze auch nur anzudeuten; im wesentlichen finden sich die Ausführungen zu diesem Aspekt von Spruch 33 auf den Seiten 127 – 136.

Angeregt durch Appenzellers Darlegungen halte ich folgende Lesart für möglich: Dieses Neue war und ist sowohl ein Ereignis: der Tod auf Golgatha und die Auferstehung – als auch eine Person: der Sohnesgott und Menschensohn Christus Jesus. „Spruch 33 verheißt, daß die Menschenseelen die Welt von neuem schaffen werden, (…).“ (Appenzeller, a.a.O., S. 136; Appenzeller selbst geht allerdings von der Formulierung „von neuem“ aus.)

Auf die Möglichkeit des Wirkens des Christus Jesus in der Seele, wenn wir ihm „die Tür“ öffnen, weist auch die Apokalypse des Johannes hin:

Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe; wenn jemand meine Stimme hört und die Tür auftut, dann will ich zu ihm eintreten. Ich will das Mahl mit ihm halten und er mit mir.

Apk 3, 20, in der Übersetzung von Johannes Lauten, zitiert nach: Johannes Lauten, Ich sah den Himmel aufgetan, Wege zur Apokalypse, Stuttgart 2006

Kommt es für die Annäherung an diese Textstelle darauf an, ob es „vom neuen“ oder „von neuem“ heißt?