Zu einem Detail von Wochenspruch 38, dem Spruch der Weihe-Nacht-Stimmung
Es kommt immer wieder vor, dass ich mich bei einem Satz des Seelenkalenders frage, was er im Zusammenhang mit den anderen Sätzen des Wochenspruchs bedeutet. So ging es mir mit „Der Hoffnung Himmelsfrucht“ im Spruch der Weihe-Nacht-Stimmung. Dieser lautet:
Weihe-Nacht-Stimmung
38.
Ich fühle wie entzaubert
Das Geisteskind im Seelenschoß
Es hat in Herzenshelligkeit
Gezeugt das heil´ge Weltenwort
Der Hoffnung Himmelsfrucht
Die jubelnd wächst in Weltenfernen
Aus meines Wesens Gottesgrund.
Ich fragte mich, was es bedeutet, dass der Hoffnung Himmelsfrucht jubelnd „wächst in Weltenfernen – Aus meines Wesens Gottesgrund“. Dies erschien mir zunächst (nur) so zu lesen zu sein, dass diese Himmelsfrucht aus meines Wesens Gottesgrund dort – „in Weltenfernen“ – wächst. Dann stünde bei der Präposition „in“ „Weltenfernen“ im Dativ, als Ortsbezeichnung.
Was ergäbe sich hieraus für ein Sinn? Etwas wäre geschehen in meines Wesens Gottesgrund, das ein Wachstum des Geisteskindes in meinem Seelenschoß – und zugleich in den Weltenfernen bewirkte.
Kaspar Appenzellers Buch über den Seelenkalender brachte mir dann die Möglichkeit einer anderen Lesart. Danach würde „in“ eine Richtung bezeichnen, in die die Himmelsfrucht wächst. Die Weltenfernen stünden im Akkusativ.
Kaspar Appenzeller wendet sich dem Spruch der Weihe-Nacht-Stimmung mehrmals zu. Es ist ausgeschlossen, die Vielschichtigkeit seiner Beschreibungen und Erkundungen hier auch nur andeutungsweise wiederzugeben. An der Stelle, die mich aufgeweckt hat, schrieb er:
Sie [die Apostel] wußten, daß der Auferstandene ihnen sagte: „Ihr werdet die Kraft des heiligen Geistes empfangen, welcher auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein zu Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde.“ (Apg. 1,8) Dies lebt ihnen in der Seele, so wie es die Worte künden: Die jubelnd wächst in Weltenfernen – Aus meines Wesens Gottesgrund. – Und dieses Wachsen wird nie aufhören bis an das Ende der Erde. Damit ist der Raum in die Zeit übergegangen, das Ende der Erde zum Erdenende geworden, denn es wird Christus-Künder geben, solange die Erde besteht.“
Kaspar Appenzeller, Der anthroposophische Seelenkalender im Lichte der Menschheitsentwicklung, Basel 1999, Seite 179 f.
Die zuletzt skizzierte Lesart erscheint mir heute als die Gemeinte. Oder sehen Sie, liebe Leser, (noch) andere Lesarten?